Holgi Star - Satzbrand PR

Holgi Star im Interview: Techno… Back in the days

Wer Holgi Star die Hand schüttelt, vermutet auf den ersten Blick nicht, welche bunte und vor allem umtriebige Vergangenheit in der Techno- und Musikszene hinter dem weltweit gefragten Top DJ liegt. Seine Liebe zu treibenden Tunes zieht sich wie ein roter Faden durch die Lebensgeschichte des Technoliebhabers und hat uns veranlasst das erste von insgesamt drei zusammenhängenden Interviews zu führen. Die Produktionen von Holgi Star, der auch unter dem Alias Holger Nielson veröffentlicht, sind in der Vergangenheit nicht nur in Deutschland und Europa auf breites Gehör gestoßen, sondern wurden auch in den Clubs und der Szene von Japan, Brasilien und Randgebieten von Osteuropa gefeiert. Mit dem Support diverser DJ Größen wie Loco Dice oder Richie Hawtin etablierte sich Holgi Star schnell als Impulsgebender Artists…

Holgi Star - Satzbrand

Seine spürbar elektrisierende Energie entlädt der seit 1989 in Berlin lebende Holgi neben mitreißenden Sets und amtlichen Releases, auch als Labelhead von angesagten Labels wie Style Rockets oder auch Kiddaz.fm. Während er in der Vergangenheit für die Frontpage, eines der wichtigsten Szene-Magazine, tätig war, steht Holgi Star heute auch hinter der Booking Agentur Kiddaz und setzt auch hier auf zukunftsweisenden Sound und freshe Acts.

Holgi Star

Während seine Agentur und Labels ihren Sitz in der Hauptstadt haben, hat Holgi Star selbst schon den Flair der weiten Clubwelt in sich aufgenommen. Mit ausgedehnten Touren durch Brasilien & Argentinien schafft sich Holgi Star auch ein Standbein in Südamerika. Stetige Gigs weltweit in den angesagten Clubs machen Holgi Star zu einem schier rastlosen DJ, dessen Liebe zu einem dicken und treibenden Sound zu einem wahren Markenzeichen geworden ist. Ob in Berlin, Japan, Russland oder Ibiza – Holgi Star steht für einen in sich geschlossenen Sound und unvergessliche exzessive Clubnächte. Wir sprachen mit Holgi Star über die Szene und die Entwicklung des Techno.

Rückblickend hast Du einen sehr wichtigen und für die Entwicklung bedeutenden Zeitabschnitt des Techno aktiv begleitet. Was unterscheidet Deiner Meinung nach die heutige Szene von der damaligen besonders?

Um darauf exakt und ausführlich einzugehen müsste ich einen Roman schreiben bzw. ist das etwas für Historiker. Kurz gefasst: In den Anfangszeiten von Techno ging es um etwas Neues, eine neue Musik entstand, neue Ausdrucksformen in Sachen Tanz und Deko entwickelten sich, neue Formen von Exzessen wurden etabliert, mit neue Drogen experimentiert und natürlich noch vieles mehr.

Die damaligen Macher der Szene und jene die sich damals von den Werten, der Musik und dem ganzen Lifestyle angezogen gefühlt haben, haben mit diesen neuen Spielarten experimentiert. Dadurch entstand eine innige Beziehung zueinander und da die Größe der Szene damals begrenzt war, kannte man sich. Streckenweise war das fast schon wie bei einer Sekte, aber im positiven Sinne.

Heute wirkt oftmals alles wie eine gut durchorganisierte Industrie. Es gibt große Player die den Markt diktieren, die Major´s kochen wieder Ihr Süppchen, es gibt One Hit Wonder, Mega Stars, Meinungsbildende Festivals und vieles mehr.
Durch die schiere Größe der Szene ist eine Industrie entstanden, ähnlich wie bei anderen Musik Genres. Darin liegt meiner Meinung der Hauptunterschied. Techno ist raus aus der Wohlfühlzone – heutzutage wird mit harten Bandagen gekämpft, es geht meist mehr ums Geld als um die Inhalte an sich.

Berlin war zwar schon immer Vorreiter (neben Frankfurt als Technohochburg) erlebte aber erst relativ spät diesen enormen Hype. Vermisst Du manchmal die Tage, in welchen alles ein wenig überschaubarer war? Was fehlt Dir heute vielleicht?

Das stimmt schon. Berlin war zwar immer schon extrem vital bzw. meinungsbildend, aber dieser extreme Hype kam wirklich erst später. Mit dem „Vermissen“ ist so eine Sache, natürlich denkt man gerne an alten Zeiten zurück, wo alles noch überschaubarer war, man sich kannte, alles einfach gemütlicher war. Aber auf der anderen Seite bringt es ja nichts sich zu sehr auf die Vergangenheit zu konzentrieren. Man kann Sie eh nicht mehr herbeiführen. Ich lebe im Heute und im Jetzt, bin aber natürlich dankbar das alles miterlebt zu haben aber damit sollte es auch gut sein.

Techno war für viele Außenstehende immer stark durch Modeaspekte beeinflusst. An welche Styles erinnerst Du Dich, die heute schon gar nicht mehr funktionieren würden?

Ich finde nicht das Techno bzw. die elektronische Musik große Impulse in Sachen Mode gegeben hat. Ganz am Anfang, so in den mittleren 90ern gab es mal so eine Entwicklung, da gab es ein paar „mutige“ Labels die in Mode gemacht haben, lustige Hosen kreiert haben, Pudelmützen hergestellt bzw. Shirts mit lustigen Motiven bedruckt haben aber das ist dann schnell wieder in der Versenkung verschwunden, weil dafür scheinbar kein Markt da war.

Der normale Techno Lover kümmert sich eher um Musik sowie Party und lässt sich in Sachen Mode von anderen Dingen beeinflussen. Natürlich gibt es da ein paar unrühmliche Ausnahmen. Ich erinnere mich mit Schrecken an die Müllfahrer Westen, oder die Raver Keilhosen mit den dementsprechenden Frisuren. Das waren Modeaspekte, hässliche zwar aber gut, das gab es einfach. Sicher war das war eher die Ausnahme denn die Regel UND das war immer eine Sache die nicht in Berlin stattfand. In Berlin war immer alles individueller. Da haben sich die verschiedenen musikalischen Skills und ihr Modeaspekte immer vermischt,. Auch der Hip Hopper geht hier mal auf eine Techno Party, der Rocker feiert im Club und andersrum.

Gibt es Platten die Dich nach wie vor kicken, obwohl sie schon ein paar Jahre im Plattenschrank stehen?

Es ist ja sehr aktuell und modern alte Nummern die die heutige Jungend nicht kennt wieder in Sets einzupflegen. Da merkt man erst mal wie zeitlos gewisse Produktionen sind. Ich könnte dir da jetzt eine Menge Tracks nennen, finde aber jeder sollte sich selber die Mühe machen in seinem Archiv zu stöbern und zu gucken, ob da was bei ist.

Einige der frühen Techno-Ikonen sind heute weltweit bekannt und verdienen unglaubliche Gagen. Hast Du diese Power die in Techno steckt damals schon gespürt?

Klar war diese Power schon frühzeitig spürbar. Aber dass es solche Ausmaße annimmt, konnte man natürlich nicht ahnen. Ich persönlich finde die aktuelle Entwicklung sehr bedenklich. Nicht das ich irgendwem etwas neide, aber dieser immer schneller höher weiter Modus führt dazu das an der Basis viel kaputt gemacht wird. Nicht nur weil Gelder die man besser in die Pflege der Kultur von Techno stecken sollte, irgendwelchen so called „Superstars“ in den Rachen geschmissen wird. Da ist streckenweise jedes Gefühl, ja jede Balance verloren gegangen.

Welche Läden/Clubs vermisst Du bzw. was hat den Reiz ausgemacht?

Das Planet in Berlin, für mich DER Vorgänger der heutigen gehaltvollen Clubkultur und Ursprung von allem. Im Planet wurde das, was für mich heute einen guten Club ausmacht, etabliert. In einem roughen Saal in einem Abbruchgebäude enstand ein Club, Deko statt Disko, gute PA, guter Sound, eine harte schwule Tür und das dadurch resultierende Publikum, Gay, Black, White, Alt Jung, einfach eine tolle Mischung. Das war immer ein Eintritt in eine andere Welt!

Neben den glanzvollen Karrieren gab es aber auch manche Abstürze. Die Nähe zum Nachtleben mit all ihren Facetten ist sicher nicht ungefährlich. Wie hast Du es geschafft kontinuierlich am Ball zu bleiben und mittlerweile auf erfolgreiches DJ- Label-business und angesagte Bookingagentur zu blicken?

Das Nachtleben bzw. die Arbeit im selbigen ist brutal. Gerade wenn du älter wirst. Das funktioniert nur, wenn du deine Grenzen kennst und weißt wann du in den Regenerationsmodus schalten musst. Aber wenn man ein paar Regeln beachtet, es langsamer angehen lässt, Sport treibt, sich vernünftig ernährt, dann funktioniert das schon sehr gut.

Andere haben auch ein stressiges Leben, müssen früh aufstehen und dann den ganzen Tag arbeiten, da ist es ein Privileg so ein Leben führen zu dürfen. Und wenn du dieses Leben liebst, die Musik, den Lifestyle, das ganze Drumherum, dann ist es auch kein Problem am Ball zu bleiben und etwas in diesem Umfeld zu erschaffen.

Angenommen Du hättest eine Zeitmaschine: Welchen Aspekt aus den alten Tagen würdest du Dir in die Gegenwart holen?

Wenn ich das Ganze mal rückblickend betrachte, geht es mir aktuell besser denn je, so gesehen gibt es keinen Grund irgendeinen Aspekt in die Gegenwart zu holen. Die eine oder andere Veranstaltung würde ich gerne noch mal mit erleben bzw. in den einen oder andern Club, aber ansonsten geht’s mir im Hier und Jetzt ziemlich gut !

Vielen Dank!

Ebenso.

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Quelle, Bilder & Thx: Lars Kämmerer von Satzbrand Kommunikation