© by Lena Obst

AGJA – Berliner Freigeist im Interview

AGJAs Leidenschaft für Elektronik begann schon früh – im zarten Alter von 14 Jahren experimentierte er mit einer Roland MC-303 und einem Atari 1040ST.  Die Musik von Künstlern wie Aphex Twin und Squarepusher, aber auch Stockhausen und Sala haben ihn schon sehr früh beeinflusst, was sich bis heute in seinen Produktionen bemerkbar macht. Agjas Sound ist geprägt von minimalistisch-komplexen, repetitiven Sounds, die Raum zum Davonfliegen lassen und dennoch geradeaus treiben. Wir haben uns mit dem in Berlin lebenden Live Act und Produzenten unterhalten.

© by Lena Obst

Die Musikindustrie ist ja nicht erst seit der Corona Krise im Wandel. Wie kommst Du als Artist mit dem schnelllebigen Business zurecht?
Ich bin seit Jahren als Ton- und Mastering Engineer tätig und bin daher immer direkt am Puls, was neue Technik und Techniken angeht.
Für mich ist das arbeiten mit Musik ein riesiger Spielplatz, auf dem immer wieder neue Geräte hinzukommen. Manche bleiben und werden im Workflow eingebettet, andere müssen den Platz manchmal verlassen.
Das kombinieren der unterschiedlichen Geräte und die dadurch entstehenden Farben sind für mich das aufregende. Wichtig ist für mich das spielen, das ausprobieren.
Es gibt kein richtig oder falsch, sondern nur klingt gut oder eben nicht.

Man könnte glauben, einige Artists investieren mehr Zeit in Social Media als für ihre Sets und Produktionen. Wo setzt Du Deine Schwerpunkte?
Produktion. Ich persönlich tue mir schwer meinen nicht ganz so spannenden Alltag für jeden aufzuhübschen, um mich auf wenig aussagenden Bilder zu zeigen.
Für mich zählt mehr der musikalisch Output. Ich verbringe dann lieber die 20 Minuten auf meinem Spielplatz anstatt Bilder für Insta und co. aufzupeppen.
Der Zugang zum Producing ist heute glücklicherweise deutlich einfacher. Das bringt zum einen natürlich unglaubliche Talente hervor, aber leider auch viel Mist.
Klar, um Auto fahren zu können musst du nicht wissen wie ein Otto-Motor funktioniert. Aber leider liegt heute mehr Gewicht auf dem coolen Lock, das geile Bild, als auf das perfekte Set, die richtig guten Song’s…
Schwierig wird es dann, wenn du einem Kunden aus dieser Bubble erklären musst, dass und warum sein Mix Mist ist… Aber das wäre ein neues Thema 😉

Gibt es für Dich denn im Studio technische Herausforderungen, die Du bewusst ausreizt?
Wie oben schon beschrieben sehe ich das Ganze als Spielplatz und verliere mich gerne in Nuancen und Klangexperimenten. Das führt leider oftmals dazu, dass ich (mehr oder weniger bewusst) Deadlines ausreize…
Man wird leider nie fertig, sondern hat einfach keine Zeit mehr. Das ist natürlich mit einem Augenzwinkern zu verstehen.
Ich finde das kombinieren von Analog und Digital spannend. Oder einfach mal einen passiven EQ selbst löten. Aus wenig Bauteilen, für einen dreckigen aber charakteristischen Sound.
Oft genug merke ich, dass ich plötzlich zu wenig Kabel habe, oder zu wenig Schnittstellen… _Und so wächst es immer weiter.

Welchen Stellenwert hat elektronische Musik in Deinem Leben und was würdest Du wohl ohne sie machen?
Einen sehr großen. Natürlich bin ich auch total offen für Gitarrensound und fette Drumkits. Elektronisch erzeugte Musik begleitet mich seit meiner Kindheit. Meine erste eigens gekaufte Scheibe war „come to Daddy“ von Aphex Twin.
Ich liebe die Möglichkeiten durch Strom Bauteile ins schwingen zu bringen und diese Schwingung in Schall umzuwandeln. Die dadurch entstehenden und absolut unnatürlichen Klänge packen mich immer wieder.
Ein organisches Instrument ist mehr oder weniger begrenzt in seinen Möglichkeiten – ein Synth ist da weitaus flexibler. Ich liebe es ungeahnte Klangflächen zu entdecken und mich in vielen kleinen Details zu verlieren. Undenkbar ohne diese Klangfarben durch meine Welt zu gehen.

Mit dem Label Twin Town aus Saarbrücken arbeitest Du schon lange zusammen – was bedeutet die Kooperation für Dich?
Twin Town bedeutet für mich einen großen Rückhalt zu haben. Das Label ist eine wunderbare Homebase mit wundervollen Künstlern und Leuten im Hintergrund. Twin Town bedeutet für mich vor allem auch mal etwas neues, anderes ausprobieren zu können. Und mit diesem wundervollen Pool von Leuten arbeiten zu können. Es ist gefühlt eine kleine Familie, in der jeder etwas Besonderes kann. Ich glaub „one love“ beschreibt es am Besten.

Wie gestalten sich die nächsten Monate für Dich und was steht ganz oben auf der Liste für das neue Jahr?
Mein Studio zieht in den kommenden Wochen um. Das neue wird mir ein Vielfaches mehr an Raum geben und so kommt neues Equipment mit hinzu. Ein Analog-Pult, Platz für Bandmaschine, mehr Instrumente, so Zeugs halt. Das wird mich in den nächsten Wochen beschäftigen. Ich freu mich drauf und bin gespannt, wie es sich dort einleben wird.

Agja findet ihr im Netz unter:

Listen on Apple Music

Quelle: Push Hard PR | Bilder by Lena Obst